Kunst als Investment

Finanzielle und emotionale Investition

Kunstinvestments. Ihre Wertentwicklung korreliert nicht mit der Performance der Kapitalmärkte – das macht sie gerade in schwierigen Marktphasen interessant. Risikoreich sind aber auch sie.

In wirtschaftlich angespannten Zeiten steigt die Attraktivität von Investments in Realwerte. Das lässt auch das Interesse an Kunst als Anlagekategorie ansteigen. Karl Newole, langjähriger Rechtsanwalt des MAK und zuletzt Rechtsvertreter des Österreich- Teams der Biennale Venedig rund um die Künstler Eva Schlegel, Markus Schinwald und Erwin Wurm, ortet in Österreich einen guten Boden dafür:“ Die Stärke des Landes liegt ja im Bereich Kunst und Kultur. Deshalb ist hier ein großes Know –how vorhanden.“ Dem kann Galerist Johannes Faber nicht uneingeschränkt zustimmen: „Österreich gilt als Kulturland, doch in der Gesellschaft hat man mehr Verständnis, wenn jemand viel Geld für ein Auto hinlegt.“ Dass das Sammeln von Kunst zum Massenphänomen wird, glaubt er nicht- es sei schon immer eine Sache“ des Bürgertums beziehungsweise Großbürgertums“ gewesen.

Unbestreitbar hat der globale Kunstmarkt viel Potenzial. Sein Gesamtwert beträgt laut Schätzungen etwa 28 Milliarden Dollar, und durch geschickte An- und Verkäufe lassen sich hohe Renditen erwirtschaften. Eine Möglichkeit, ohne besonderes Expertenwissen dabei zu sein, sind Investments in Kunstfonds.

Pensionsfonds als Vorläufer

Kunstfonds seien in Österreich ein Novum, erklärt Kunsthistorikerin Monika Kus – Picco. Dabei entwickelten sich erste Tendenzen in diese Richtung schon in den 1850er- Jahren in Form von „Kunstclubs“. Meist favorisierten diese den Ankauf von anerkannten Künstler, selten nahmen sie auch Neues, noch Unbekanntes in ihre Sammlungen auf. Ein bekannter und wegweisender Vorläufer aus spätere Zeit war der „British Rail Pension Fund“, der 1974 gegründet wurde. Aufgrund der damals sehr hohen Inflation bei gleichzeitig massiver Wertsteigerung von Kunstobjekten hatte sich die Pensionskassa der britischen Bahn entschlossen, einen Teil des zu veranlagenden Vermögens in Kunst zu investieren. Aufgrund von Personalveränderungen im Management und Kritik von außen wurden die Kunstobjekte wieder veräußert, der Erlös belegte die Sinnhaftigkeit des Investments: Erzielt wurde eine Verkaufssumme von 24 Millionen US – Dollar, das entspricht einem „return on invest“ von elf Prozent pro Jahr.“ Verantwortlich dafür waren das gute Timing des Verkaufs und die außergewöhnliche Wertsteigerung einzelner Objekte“, so Kus – Picco.

Nach dem Börsencrash 1999/2000 entstanden die ersten Kunstfonds im heutigen Sinn, im englischen Sprachraum bezeichnet als Contemporary Art Investment Vehicles (kurz AlVs). Diese griffen die Idee des British Rail Pension Fund auf. Als sehr erfolgreich gilt aktuell der vom früheren Christies – Finanzchef Philip Hoffman in London gegründete Competitor Fine Art Fund (FAF). Ein österreichischer Marktteilnehmer ist der Art Photography Fund von Merit, für den Faber als Berater tätig ist. Auch er kann mit einer guten Performance aufwarten. Seit seinem Start im März 2008 bis Ende November 2010 erreichte er einen Wertzuwachs von über 30 Prozent. „ Wir setzen nicht auf „gehypte“ Künstler, sondern auf anerkannte Museumsqualität“, erklärt Faber. Also etwa auf die „Ikonen der Kunstfotografie“ der klassischen Moderne in Vintage – Qualität – Originalabzüge, die vom Künstler selbst oder unter seiner Aufsicht hergestellt wurden. „Davon ist naturgemäß nur eine begrenzte Menge auf dem freien Markt erhältlich, viele dieser Werke befinden sich bereits in Museen“, so Faber. „ Das bedeutet ein begrenztes Angebot bei steigender Nachfrage.“ Bei der Veranlagung werde tendenziell eine Buy – and –hold – Strategie verfolgt, da Investments in Kunst einen längeren Anlagehorizont erfordern, ergänzt Merit – Geschäftsführer Friedrich Kiradi. „ Es werden aber auch regelmäßig Werke verkauft.“ Bis zu 50 Prozent der Jahresperformance soll aus realisierten Verkäufen kommen, damit werde einerseits die Cash – Reserve erhöht, andererseits würden die Bewertungen der Werke bestätigt. Der Fonds spricht vor allem institutionelle Anleger wie Banken, Versicherungen und Privatstiftungen an, kann aber mittlerweile auch bei einer Reihe von österreichischen, deutschen und Schweizer Banken gezeichnet werden und kommt zunehmend in der Vermögensverwaltung für private Anleger zum Einsatz. Investoren können vierteljährlich ein – und aussteigen, das Mindestinvestment beträgt 70.000 Euro. Die Anleger können auch Werke aus dem Fonds entlehnen und sich beim Ausstieg ihren Anteil in „ Naturalien“ auszahlen lassen.

Ein weiterer österreichischer Kunstfonds mit positiver Performance ist der Sharpe Art Fund. Sein Portfolio ist breit gefächert. Investiert wird in alle Arten von Kunst- Gemälde, Zeichnungen, Fotografien, Multimediakunst, Skulpturen und Grafiken.

Von Kunstmärkten abgekoppelt

Grundsätzlich empfiehlt Faber bei Kunstinvestments einen Anlagehorizont von mindestens fünf Jahren, da Kunstwerke eine zwar tendenziell positive, aber eher langsame Wertsteigerung aufweisen. Als nachteilig erachtet er, dass Kunst in Österreich anders als in anderen Ländern, nicht steuerlich absetzbar ist. Der große Pluspunkt sei, dass solche Investments, anders als Aktien oder Anleihen, auf makroökonomische Indikatoren wie steigenden Ölpreis, anziehende Inflationsraten oder schlechte Arbeitsmarktzahlen nicht reagieren. In Summe lasse sich keine Korrelation zwischen der Performance des Kunstmarktes und der globalen Kapitalmärkte beobachten. Dessen ungeachtet kann es aber auch bei Kunst – mitunter starke – Preisschwankungen geben. Nicht nur deshalb gelten Kunstfonds als risikoreich. Ihr Erfolg ist abhängig von der Expertise der Sachverständigen und vom Ein – und Verkaufsgeschick – 40 Prozent dieser Fonds scheiterten in den letzten Jahren.

Für Investitionen in Kunst brauche man „ einen langen Atem und viel Gespür“, meint Newole. Als sicheren Weg empfiehlt Kus – Picco, auf „Blue Chip Art“ zu setzen, also auf anerkannte Standardwerke etablierter Künstler. Die Einschätzung der Entwicklung von zeitgenössischer junger Kunst bedürfe dagegen“ geradezu einer prophetischen Gabe.“ Ohne Fachexpertise gehe gar nichts, und zu beachten sei auch, dass bei der Auswahl von Kunstwerken immer wieder Interessenkonflikte auftreten, seien doch Galeristen meist bestrebt“ ihre“ Künstler zu fördern. Letztlich zähle aber nicht nur der irgendwann erzielbare Verlaufserfolg: „Kunst ist für Sammler und Anleger nicht nur eine finanzielle, sondern auch eine emotionale Investition.“

Autor: Mag. Katharina Braun, erschienen in „ die Presse“ am 14.12.2011